Instagram & Recht: Gekaufte (Fake) Follower - Droht sogar eine Haftstrafe?

  • 5 Minuten Lesezeit

Zugegeben: Nur den wenigsten (Möchtegern-) Influencern mit gekauften Followern droht realistisch eine Gefängnisstrafe. Allerdings kann man einleitend schon mal klar und deutlich sagen: Es handelt sich um kein Kavaliersdelikt, wenn man mit gekauften Followern Kasse macht. Und bei den ganz großen Fischen ist die unfreiwillige Einkehr hinter schwedische Gardinen nicht mal ausgeschlossen.      
 Vorab der Tipp an betroffene Werbepartner: Man muss sich nicht alles gefallen lassen.

Was steckt dahinter?

Mit „Kasse machen“ ist vorwiegend jenes florierende Geschäftsmodell gemeint: Man produziert auf Social Media (vermeintlich) interessanten Content, bekommt dadurch (vermeintlich) eine jedenfalls erquickliche Anzahl an Followern und zieht damit die Aufmerksamkeit von Werbepartnern auf sich. Und jene Werbepartner lassen sich je nach Followerzahl die Werbung ordentlich was kosten.

Casus knacksus: Die Werbepartner zahlen immer mit echtem Geld bzw. sonstigen werthaltigen Gegenleistungen. Bekommen aber nicht immer die eingekaufte Reichweite. Beispiel: Der Werbepartner bucht bei einem Influencer mit 30.000 Followern Werbung jedweder Art, faktisch verbergen sich aber nur hinter 10.000 Followern echte Menschen. Der Rest mag dann aus den klassisch eingekauften Fake-Profilen, Bots und anderer – mal mehr, mal weniger spitzfindig – herbeikonstruierter Followerschaft bestehen.            
 Auf den Punkt: Es geht um den Reichweitenschwindel.

Moral? Legal? Egal…

Diese Vorgehensweise scheint in einigen Social Media-Kreisen schon zum guten – jedenfalls hinreichend praktizierten – Ton zu gehören. Und sie wird von erstaunlich wenig Unrechtsbewusstsein flankiert. An dieser Stelle soll es noch nicht um die juristische Bewertung gehen. Vielen Influencern fehlt schlicht die moralische Selbsterkenntnis, dass das, was sie dort tun, auch nur in Ansätzen mehr als nur eine kleine Trickserei ist.

Plakativ: Ein Unternehmen „kauft“ Werbung für eine Veranstaltung mit garantiert 30.000 Zuschauern. Nunmehr sind aber nur 10.000 Menschen vor Ort, die restlichen Plätze sind mit Pappfiguren besetzt.        
Oder noch plakativer: Man verkauft ein E-Auto mit zugesicherter Reichweite von 700 km, faktisch erhält man aber läppische 300 km.
 In diesen Beispielsfällen wird es kaum jemanden geben, dem das Unrecht seines Handelns nicht einleuchtet.

Der in diesem Artikel thematisierte Reichweitenschwindel dürfte sich bei näherer Betrachtung vom (un-)moralischen Gehalt der beiden eben skizzierten Fälle kaum unterscheiden. Denn letztlich „kauft“ der Werbepartner die Aufmerksamkeit eines jedes einzelnen (echten) Followers. Das ist der absolute Kernfaktor. Quasi die offerierte Leistung, für die er eine reale Gegenleistung – in der Regel Geld – bezahlt. Jeder (echte) Follower weniger mindert den Werbewert. Wenn der entlohnte Influencer diesen Faktor dann wissentlich manipuliert, kann der moralische Kompass doch nur in eine Richtung ausschlagen: Ich begehe Unrecht!

(Keine) Kleine Trickserei, große rechtliche Folgen

Mag dieses Prozedere in einigen Social Media-Kreisen auch als noch so obligatorisch gelten, so möchte dieser Artikel Influencer eindringlich vor dieser Vorgehensweise warnen bzw. betrogene Werbepartner ermutigen, sich ihre Werbeinvestments zurückzuholen. Denn rechtlich dürfte die Sachlage weitgehend klar sein.

Was droht den Möchtegern-Influencern?

Es wird sich in den meisten dieser Fälle um einen klassischen (Eingehungs-)Betrug handeln. Der Influencer weiß im Zeitpunkt der Schließung des Werbevertrages, dass er dem Werbepartner nicht die Anzahl an Werbeempfängern (ergo: echten Followern) wird bieten können, wie er sie jedenfalls konkludent über seine öffentlich ersichtliche Followerzahl verspricht. Vorsatz und Bereicherungsabsicht dürften nur in wenig realistischen Konstellationen entfallen. Der Vermögensschaden besteht in dem evident geminderten Werbewert.            

Auch strafrechtlich unvorbelastete Täter werden nicht darauf vertrauen können, dass die Fälle von der Staatsanwaltschaft nicht verfolgt bzw. eingestellt werden. Jedenfalls bei wiederholter – ggf. gar gewerbsmäßiger – Begehung und Vermögensschäden im höheren Bereich, dürften die strafbehördlichen Mühlen ins Mahlen kommen. Zwar ist es in der Tat so, dass das Thema bisweilen erstaunlich wenige juristische Wellen geschlagen hat. Gleichwohl werden auch die im Querschnitt mit Social Media nicht allzu vertrauten Staatsanwaltschaften und Gerichte immer hellhöriger. Hinzu kommt, dass es nicht einmal eines expliziten Strafantrages des geschädigten Werbepartners bedarf. Die Strafverfolgungsbehörden können von Amts wegen tätig werden. Es kann also sogar sein, dass der Werbepartner von den Fake-Followern nichts weiß, der betrügende Influencer aber von der geneigten Influencer-Konkurrenz oder sonstigen Dritten angezeigt wird und damit die Staatsanwaltschaft auf den Plan ruft.

Können die „kleineren Fische“ (nicht einschlägig vorbestraft, geringe Schadenshöhe) mit Geldstrafen rechnen oder mitunter auch auf eine Verfahrenseinstellung (ggf. gegen Auflagen) hoffen, so kann es für die „großen Fische“ auch an das die Freiheit bedrohende Eingemachte gehen. So hat jüngst ein bekannter Youtuber medienwirksam aufgedeckt, wie ein anderer Influencer wohl mit jedenfalls latenter krimineller Energie – gleichzeitig aber auch mit erstaunlich amateurhafter Fotoshopmethodik – zwecks Werbepartnerakquise seine „Insights“ (grob: Reichweitendaten) bei Instagram hat in die Decke schießen lassen. Werden einem Influencer derlei Praktiken in vielfach praktizierter Weise gerichtsfest nachgewiesen und hat er sich so auch noch etwa einen hohen Betrag ergaunert, so ist zumindest eine Bewährungsstrafe nicht mehr allzu fernliegend.

Fern ab der strafrechtlichen Dimension drohen den betrügerisch agierenden Influencern freilich auch Rück- und Schadensersatzforderungen seitens der Werbepartner.

Was können die Werbepartner zurückverlangen?

Grundsätzlich ist für die Werbepartner hier einiges möglich. Im Einzelfall mag annähernd der komplette bezahlte Betrag zurückgefordert werden können. Der Grundsatz „ohne Leistung, keine Gegenleistung“ greift auch hier.

Für die Rückforderung ist nicht einmal das Verschulden des Influencers erforderlich. Jedenfalls bei einer deutlichen Divergenz zwischen angeblichen und tatsächlichen realen Followern dürfte allein diese „Minderleistung“ einen zumindest teilweisen Rückforderungsanspruch begründen. Freilich ist der Influencer nicht zur Verifizierung eines jeden seiner Follower auf Echtheit verpflichtet. In Rede stehen sollen hier aber ohnehin nur die Fälle eklatanter Missverhältnisse. Und diese werden kaum ohne das proaktive Zutun des Influencers oder seiner Entourage zustande kommen.        
 Bei schuldhaftem Handeln (ausreichend ist Fahrlässigkeit) sind sogar Schadensersatzansprüche möglich.

Problematisch kann allerdings der Nachweis von Fake-Followern werden. Allerdings agierten in der Vergangenheit einige Influencer in ihrem „Followerzahlen-Optimierungs-Wirken“ derart unprofessionell, dass die in letzter Konsequenz erforderliche entsprechende Überzeugung des Richters (§ 286 ZPO) unschwer gelingen dürfte. So kam mitunter ein Gros der Follower eines eindeutig auf die deutsche Community ausgerichteten Influencers aus dem fernöstlichen Bereich. Nicht ausgeschlossen, dass die Überzeugung des Richters in diesem Fall schon hinreichend gereift ist…

Allgemein lässt sich jedenfalls nur anraten: Werbepartner sollten bei Verdacht tätig werden, wenn sie sich nicht den Vorwurf gefallen lassen möchten, möglicherweise für Werbung im luftleeren Raum bezahlt zu haben.  Denn so luftleer dieser Raum auch gewesen sein mag -rechtsfrei ist er nicht.

Mehr Infos auch im Video.

Über die Kanzlei Mutschke
Frau Rechtsanwältin Nicole Mutschke ist gefragte Rechtsexpertin und deutschlandweit bekannt aus den Medien (RTL, ntv, ZDF, sternTV, WDR etc.). 

Die Kanzlei Mutschke berät ihre Mandanten bundesweit engagiert und kompetent in allen Fragen des Social Media-, Medien-, Urheberrecht-, Unternehmens- und Verbraucherrechts.
 Auf TikTok hat die Kanzlei den ersten Anwaltskanal in Deutschland gegründet und berät dort ihre wachsende Followerschaft in allen rechtlichen Belangen. Die Kanzlei unterhält ebenfalls Kanäle auf Instagram, YouTube, Twitch etc.

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